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  • Kommentar: Warum Alarmstufe Rot die Veranstaltungsbranche nicht retten wird
    10. September 2020 | 18:06

    Alarmstufe Rot Demo Berlin

    Ein Kommentar von Rene Daners, 9.9.2020.

    Seit einigen Monaten macht die Aktion “Alarmstufe Rot”, ehemals “Night of Light” auf sich aufmerksam. Bereits am 22. Juni 2020 wurden tausende Gebäude der Veranstaltungsbranche in Deutschland rot beleuchtet, um darauf hinzuweisen, dass die Veranstaltungsbranche unter den aktuellen Corona-Maßnahmen leidet und eine Pleitewelle drohen würde. Inzwischen ist die Aktion gewachsen. In Berlin findet am heutigen 9. September 2020 eine Großdemonstration statt, bei der die Veranstalter bis zu 10.000 Teilnehmer erwarten. Der Großteil davon tatsächlich in der Veranstaltungsbranche tätig, mit einheitlichen roten Shirts gekleidet und natürlich die Maskenpflicht und Abstandsregeln einhaltend. Dort fordern sie finanzielle Hilfen vom Staat, um eine Pleitewelle in der Veranstaltungsbranche zu verhindern. Was sie jedoch ausdrücklich nicht fordern: Eine Beendigung oder zumindest Lockerung der Maßnahmen. Die finden die Veranstalter richtig und unterstützenswert.

    Das ist zunächst einmal nachvollziehbar. Die Aktion “Alarmstufe Rot” möchte ernstgenommen werden und sich damit deutlich von sogenannten “Covidioten”, die Ende August auf der “Querdenken”-Demo in Berlin aufgetaucht sind, distanzieren. Das ist auch notwendig, um von den Medien nicht diffamiert und von der Politik angehört zu werden. Lobenswert auch, dass sich die Aktion deutlich von Reichsflaggen-Trägern, Verschwörungstheoretikern und Qanon-Gläubigern distanziert. Das Problem dabei ist allerdings: Damit die Veranstaltungsbranche tatsächlich überleben kann, ist eine Lockerung oder Rücknahme der Maßnahmen zwingend erforderlich. Die Aktion selbst gibt an, die Veranstaltungsbranche sei mit einem Umsatz von 130 Milliarden Euro der sechstgrößte Wirtschaftszweig Deutschlands. Nun nehmen wir einmal an, es gäbe einmalige staatliche Hilfen, wie sie etwa auch die Gastronomie und andere Branchen erhalten hat: Wie lange würde die Veranstaltungsbranche damit auskommen? Zwei Monate? Vielleicht drei? Wie viele Gelder müssten regelmäßig gezahlt werden, damit die Branche angesichts eines solchen Umsatzes tatsächlich dauerhaft überleben kann? Wohlgemerkt: Ein Ende der Maßnahmen ist bisher nicht in Sicht. Wann Großveranstaltungen wieder möglich sein werden, liegt in den Sternen. Und die deutsche Regierung ist aktuell regelmäßig in der Laune, das Verbot doch gleich nochmal mehrere Monate im Voraus zu verlängern. Sogar der Karneval im Februar 2021(!) soll möglicherweise ausfallen. Der Sommer aber ist praktisch vorüber und die unter Hygienemaßnahmen stattfindenden Open Air-Veranstaltungen wird es in wenigen Monaten nicht mehr geben können.

    Demgegenüber stehen zahlreiche neue Erkenntnisse über das Coronavirus, die eine Lockerung der Maßnahmen ohne Zweifel möglich machen müssten. Die Großdemonstrationen der Maßnahmen-Gegner von “Querdenken” hatten, ebenso wie die “Black Lives Matter”-Demos mit vergleichbar hohen Teilnehmerzahlen, keine nachweisbaren Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen. Das wissen wir spätestens seit Anfang August. Warum sind Open Air-Veranstaltungen aber immer noch nicht mit regulärer Besucherzahl möglich? Auch die neuesten Daten über die Gefährlichkeit des Virus geben keinen Anlass mehr zur Beunruhigung: Auf Grund einer wesentlich breiteren Teststrategie, die alle Bevölkerungsgruppen einschließt, stellen wir fest: Das Coronavirus bewirkt in etwa 80% der Fälle keinerlei Symptome, die Sterblichkeit ist nur noch geringfügig höher als bei der normalen Grippe. Gleichzeitig sinkt die Anzahl der Hospitalisierungen, obwohl die Infektionszahl in den vergangenen Wochen stieg. Am heutigen Tag sind gerade einmal 227 Intensivbetten bundesweit belegt, wie dem Intensivregister zu entnehmen ist. Am 31. August waren es noch 246, am 1. August noch 261. Wäre es nicht sinnvoller, die Maßnahmen daran zu orientieren, wie stark das Gesundheitssystem tatsächlich ausgelastet ist, statt sich auf tägliche Infektionszahlen zu konzentrieren, obwohl die Mehrheit der Infektionen ohnehin symptomfrei bleiben? Prof. Hendrik Streeck hatte Ähnliches erst vor kurzem in einem Interview bei Maischberger vorgeschlagen. Und zwischenzeitlich wurde sogar das letzte Argument für die Schärfe der aktuellen Maßnahmen, nämlich dauerhaft bleibende Langzeitfolgen durch das Coronavirus, durch Wissenschaftler widerlegt.

    Aus meiner Sicht ist damit klar: Eine sachliche, wissenschaftlich fundierte und sinnvolle Debatte über die Maßnahmen und die damit verbundenen Verbote ist von Seiten der Veranstaltungsbranche also dringend notwendig. Warum Alarmstufe Rot aber dermaßen davor zurückschreckt, ist für mich nicht nachvollziehbar. Mit Zahlen des RKI, Argumenten von ernstzunehmenden Wissenschaftlern und einer Analyse der Entwicklungen der vergangenen Monate lässt sich eine solche Debatte führen, ohne sich dabei auch nur ansatzweise in die Nähe von Rechten, Verschwörungstheoretikern oder “Corona-Leugnern” zu begeben. Langfristig überleben wird die Veranstaltungsbranche jedenfalls nur, wenn sie ihrer Arbeit wieder im einigermaßen normalen Umfang nachgehen kann und Großveranstaltungen wieder erlaubt werden. Finanzhilfen sind allenfalls eine kurzfristige, jedoch in keinem Fall eine dauerhafte Lösung.