Das macht sich auch in der Stimmung bemerkbar, wenn mit Fabula Rasa die erste Band spielt, die kurzfristig für Tales of Ratatösk einspringen musste. Statt wie auf anderen Metal-Festivals bereits zu Beginn einen hohen Alkoholpegel mitzubringen, haben die Metal-Fans an diesem Wochenende reichlich Energie mitgebracht. In der Mitte der Halle des Resonanzwerks fast ununterbrochen ein Moshpit, in dem sich die feiernden Fans im Circle wild anrempeln – und bis zum späten Abend scheint es, als würde dem Publikum die Lust und Power einfach nicht ausgehen. Zwischendurch die kleine Verschnaufpause, wenn sich die Feierwütigen hintereinander auf den Boden setzen, um zu den Songs von Mandragora Thuringia zu rudern, als wollten sie ein mit Muskelkraft betriebenes Ruderboot auf die Bühne steuern.
“Mead & Greed” sollte man derweil nicht etwa mit dem typischen “Meet & Greet” verwechseln. Treffen und grüßen konnte man die ziemlich Fan-nahen Bands, die sich nach ihrem Auftritt gern am Merchandise-Stand versammelten zwar auch, aber eigentlich stand dann doch eher der Met (englisch: Mead), der geliebte Honigwein aus der Mittelalterszene im Mittelpunkt. Davon nämlich gab es reichlich: Gleich in großen Kanistern konnten die Besucher zwischen der Standardsorte, Johannisbeere und Kirsche der Willicher Met-Macher Metwabe wählen, die auf so manchem Mittelalterfest und sogar vielen Conventions auch längst eine feste Instanz geworden ist. Der langhaarige Wikinger braucht schließlich eine leckere Stärkung, bevor er sich zu Vanaheim – die auch mal eine halbe Stunde überziehen durften – so richtig austoben durfte.
Ob die Überziehung wirklich geplant war? Vermutlich nicht. Denn “hat man mal kein Glück, kommt auch noch Pech dazu”, schreiben die Veranstalter nachvollziehbar auf Facebook: Nachdem schon mehrere Bands bedingt durch Corona und den Ukraine-Krieg ausfallen mussten, konnte am Freitag Abend dann auch noch der Headliner Fejd nicht auftreten, da die Instrumente während des Fluges abhanden gekommen sind. Die Bands aber sind mit Freude dabei und haben sichtlich Spaß daran, als Ersatz aufzutreten: Fabula Rasa ließ es sich nicht einmal nehmen, die originalen Merchandise-Shirts von “Tales of Ratatösk” einfach mal auf der Bühne zu tragen. Und die beiden durch den Ausfall überziehenden Bands Vanaheim und Dalriada wollten die Bühne am liebsten gleich gar nicht mehr verlassen.
Wie viel Spontanität und Herzblut im “Mead & Greed Festival” steckt, wurde dann am Freitag Abend umso mehr klar: Um anstelle von Fejd doch noch ein Abschlussprogramm zu bieten, stellte sich einer der freiwilligen Helfer doch kurzerhand auf die Bühne und lieferte ein rund 1-stündiges Poetry Slam zum Thema Metal ab. Die Besucher wussten das zu würdigen: Obwohl es keine Musik vom Headliner gab, blieben die meisten Metal-Fans bis zum bitteren Ende im Resonanzwerk Oberhausen und lauschten aufmerksam den Geschichten des Poetry Slammers. Eine dermaßen kleine Veranstaltung mit solch guter Stimmung – das sieht man definitiv selten. Im nächsten Jahr soll es dann erneut zwei Wochen vor Karfreitag, also voraussichtlich am 24. und 25. März 2023 in die nächste Runde gehen.