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  • Frostpunk
    Die Eiszeit ist ausgebrochen und die Menschheit steht am Abgrund. Selbst aus London mussten die Menschen mittlerweile fliehen, obwohl die einstige Metropole als der letzte sichere Hafen der Erde galt. Ihre Zukunft ist ungewiss, denn eisige Schneestürme warten in der rauen, schneeweißen Wildnis auf die Flüchtigen und es gibt keine Aussicht auf steigende Temperaturen. In einer solchen Zeit sind es nur die Dampfmaschinen, die der Kälte noch trotzen können und die Menschen in ihrer neuen Siedlung mit der notwendigen Wärme versorgen. Rohstoffe und Nahrung sind knapp und es beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit bei der stetigen Verbesserung des Heizgenerators. Doch wenn die Menschen verzweifeln und Krankheiten sich ausbreiten, sind schwierige Entscheidungen für das Überleben der Menschheit notwendig.

    Wenn sich die Entwickler von „This war of mine“ an einen neuen Titel wagen, kann man dabei meist schon ein Spiel mit emotionaler Tiefe und wirklich schwierigen Fragen erwarten. Und so soll es auch in Frostpunk sein, dem nach eigener Aussage ersten „Society-Survival-Spiel“ der Welt. Tatsächlich gehen die Entwickler hier außergewöhnliche Wege: Sie stellen den Spieler vor die Frage, wie weit er wohl gehen würde, wenn das Überleben der Menschheit von eben diesen schwierigen Entscheidungen abhängt. Kinderarbeit, Unterdrückung, Mord oder gar ein Gottesstaat, um das verzweifelte Volk in die richtige Richtung zu leiten? Immer wieder stellt „Frostpunk“ unsere Moral grundlegend in Frage und bringt uns zur Selbstreflexion darüber, was für ein Mensch wir wohl in einer solchen Situation sein werden.

    Frostpunk

    Klassische Aufbau-Strategie
    Spielerisch allerdings ist „Frostpunk“ auf den ersten Blick gar nicht so innovativ und besonders, wie seine Handlung klingt. Im Kern handelt es sich nämlich eher um ein klassisches Aufbau-Strategeispiel, bei dem es zunächst einmal darum geht, Rohstoffe zu sammeln und eine Siedlung aufzubauen. Wir kennen das: Kohle, Stahl und Holz muss gesammelt werden und letztendlich auch die möglicherweise wachsende Bevölkerung mit Nahrung versorgt werden. Im Mittelpunkt: Ein Heizgenerator, der sowohl unsere Bevölkerung mit Wärme, als auch unsere Maschinen mit Druck für ihre Dampfkessel versorgt. Denn der Titel „Frostpunk“ kommt nicht von ungefähr: Das Strategiespiel kombiniert ein Eiszeitszenario mit Steampunk-Elementen wie Dampfmaschinen und fügt dieses völlig logisch ein. Denn bei Normaltemperaturen zwischen -20 und -60 °C ergibt es durchaus Sinn, dass nur Kohle und Dampf in der Lage sind, den Temperaturen standzuhalten. Man kennt das ja von der Eisenbahn – die hat mit Dampf ja auch besser funktioniert.

    Wärme zum Überleben
    Außergewöhnlich ist dabei aber auch schon der grundlegende strukturelle Aufbau unserer Siedlung. Da es sich beim Heizgenerator um ein rundes Konstrukt handelt und auch die Wärmeverteilung einen kreisförmigen Umkreis versorgt, muss natürlich auch die Siedlung genau so gebaut werden: Nämlich kreisförmig um den Heizgenerator herum. Das führt dann auch zu einem Straßenbau, der ein wenig an ein kreisförmiges Labyrinth erinnert. Interessant wird dann nach und nach natürlich auch die Optik des Spiels, die bei steigender Größe eine ganz besondere Stadt zu bieten hat. Die Schwierigkeit dabei: Bestimmte Gebäude sind auf eine ausreichende Wärmeversorgung zwingend angewiesen und die gibt es nur durch Forschung am Heizgenerator, dessen Leistung und Reichweite stetig erhöht werden muss – auch um den nächsten Schneesturm und Temperaturabfall überleben zu können. Denn im absoluten Ernstfall kann die Temperatur auf bis zu -150 °C absinken.

    Wie weit wirst du gehen?
    Das stellt den Spieler natürlich auch vor moralische Fragen, die den Reiz an „Frostpunk“ erst ausmachen. Wichtig ist es stets, den Balken für Hoffnung und Zufriedenheit im Auge zu behalten. Sinkt die Hoffnung zu stark oder die Unzufriedenheit steigt zu sehr an, kann das den Untergang unserer Person als Anführer der Stadt bedeuten. Früher oder später würde das unzufriedene Volk rebellieren und unsere Macht stürzen – und dann heißt es Game Over. Und da kommt die Gesetzgebung von „Frostpunk“ ins Spiel, denn wir können frei entscheiden, welche Entwicklung unsere Gesellschaft machen wird. Ob Kinderarbeit, neue Religionsgesetze, unorthodoxe Behandlungsmethoden für die Kranken oder der Bau von Gefängnissen – um die Macht zu erhalten und die Unzufriedenheit zu senken, ist es manchmal notwendig, unmoralische Entscheidungen zu treffen und den Spieler in die Lage des Monsters zu versetzen. Denn ein Erfolg mit ausschließlich guten, liberalen Entscheidungen ist in „Frostpunk“ auf Grund der schwierigen Bedingungen praktisch unmöglich. Und am Ende geht es schließlich ums pure Überleben.

    Frostpunk

    Kampf gegen Windmühlen
    Dementsprechend ist es kaum verwunderlich, dass „Frostpunk“ stetig gegen uns arbeitet. Die Temperatur sinkt immer weiter ab, die Anzahl der Kranken erhöht sich, die Unzufriedenheit steigt und die Hoffnung sinkt – und manchmal ist diese durchaus miteinander in Verbindung stehende Kettenreaktion gar nicht mehr aufzuhalten. Da liegt es komplett am Spieler, zur rechten Zeit die richtigen Entscheidungen zu treffen, bevor ein Erfolg irgendwann nicht mehr möglich sein wird. Gleichzeitig macht es uns „Frostpunk“ auch nicht gerade einfach, wenn die Temperatur in unserer Siedlung offenbar häufiger sinkt, als dass sie steigt. Mal hier einen Temperaturabfall um 20 Grad, dann da nochmal 10 Grad – und schon sind unsere Krankenhäuser bis zum Rand gefüllt. Gerade durch dieses stetige Kämpfen gegen Windmühlen, ist der Schwierigkeitsgrad des Spiels ordentlich fordernd. Schon für die mittlere Einstellung wird mancher Spieler womöglich zwei oder drei Anläufe benötigen. Und manchmal ist ein perfekter Erfolg auch gar nicht nötig, um ein Szenario erfolgreich abzuschließen – denn die Entscheidung, welche unserer Bürger überleben werden, macht auch einen Teil des Spiels aus und sorgt dafür, dass wir schnell mal einen Kloß im Hals stecken haben.

    Die generische Zukunft
    Trotzdem ist es schade, dass „Frostpunk“ nach einer Weile durchaus ein wenig generisch wirkt. Haben wir erst einmal die grundlegende Spielmechanik verinnerlicht und verstanden, wie die ausreichende Versorgung mit Rohstoffen funktioniert, entsteht schnell das Problem, das viele Aufbau-Strategiespiele haben: Wir können eigentlich jedes Mal nach demselben Muster spielen und kommen damit zwangsläufig zum Erfolg. Ganz egal, welches der insgesamt vier Szenarien wir letztendlich spielen. Da ist man doch ein bisschen froh über den kleinen Wiederspielwert, den „Frostpunk“ immerhin hat. So bleibt uns doch die Wahl, bei einem zweiten Durchlauf einfach mal ganz andere Entscheidungen zu treffen und ganz andere Gesetze zu beschließen. Gerade aber wenn es darum geht, die Hoffnung unserer Bevölkerung durch Religion oder Ordnung wiederherzustellen, hätten wir uns gerne zwei oder drei Ideologien mehr gewünscht, die hier zur Wahl stehen, um unserer dunklen Seite ein wenig mehr Freiraum zu lassen. Spätestens nach drei oder vier Durchläufen bleiben die großen Neuerungen eben doch aus und man hat alle Möglichkeiten einmal gesehen. Schade, denn das mindert die Wirkung unserer Entscheidungen doch ein wenig.

    Die menschliche Ressource
    Immerhin sorgen einige der Szenarien dann für ganz eigene moralische Entscheidungen, die ebenfalls nicht immer einfach sind. So werden wir etwa vor die Frage gestellt, ob wir Flüchtlinge aufnehmen wollen oder nicht – und müssen dabei abwägen, ob wir das Risiko der Krankheitsverbreitung in Kauf nehmen möchten. Oder wir stoßen in „Der Fall von Winterheim“ auf den Feind, der selbst als Flüchtling um Hilfe bittet und dabei innere Unruhen und Klassenkämpfe in unserer eigenen Bevölkerung auslösen könnte. Die Wahl zwischen humanitärem Einsatz und Selbstschutz ist moralisch nicht immer einfach und in der heutigen Zeit topaktuell. „Frostpunk“ erhält dann schon einen gewissen Tiefgang, wenn wir Menschenleben als Ressource einsetzen müssen und wir unsere Güte von knallharter Berechnung abhängig machen: Nämlich der Frage, ob wir es uns mit den aktuellen Rohstoffen überhaupt leisten können, kranke oder hungernde Menschen aufzunehmen. Und manchmal kann die Entscheidung vielleicht nur Nein bedeuten, so offen wir für Flüchtlinge vielleicht in der realen Welt sein mögen.

    Frostpunk

    Aufbruch ins Unbekannte
    Manchmal allerdings haben zusätzliche Menschen auch einen Vorteil. Und da kommt neben der Aufbau-Strategie und dem Gesetzessystem noch ein weiteres Gameplay-Element zum Vorschein: Um unsere Isolierung endlich aufzugeben und uns auf die Suche nach neuen, besseren Orten zum Überleben zu machen, rüsten wir Späher aus, um die Gegend zu erforschen. Da kann man sowohl Rohstoffe und „Automatone“ genannte Roboter finden, als auch andere Überlebende. Womöglich auch gesunde, nicht hungernde arbeitsfähige Menschen, die in unserer Siedlung von größtem Nutzen sein könnten. Moralisch verwerflich ist „Frostpunk“ damit vermutlich zu jedem Zeitpunkt: Wenn sich der Wert des Menschen an seinem Nutzen für die Gesellschaft messen lässt, wirkt selbst der Raubtierkapitalismus plötzlich ziemlich nett. Aber darin liegen auch die Stärken des Spiels und wer Aufbaustrategie liebt, die mit ein paar neuen Ideen aufgepeppt wurde, ist bei „Frostpunk“ genau richtig.

    Fazit:
    Überleben in der Eiszeit: Das Aufbau-Strategispiel stellt den Spieler immer wieder vor schwierige moralische Fragen und lässt uns selbst entscheiden, wie weit wir gehen würden, um das Überleben der Menschheit zu gewährleisten. Damit hat „Frostpunk“ trotz seines vergleichsweise geringen Umfangs einen ganz besonderen Tiefgang.

    Frostpunk Wertung